Pressemitteilung des BLW: Neue Windräder – Beweissicherung gefordert

Acker-Natur-Wasserschutz-Beweissicherung
BLW e.V. fordert Beweissicherung bei möglicher Kontamination durch Ewigkeitschemikalien (PFAS) durch geplante Windkraftanlagen im Wasserschutzgebiet Fuhrberger Feld .

Im Zuge der geplanten Errichtung von 36 Windkraftanlagen im Wasserschutzgebiet Fuhrberger Feld (auf Höhe der Anschlussstelle Berkhof, östlich der A7) fordert der Umweltverein „Bürger für eine lebenswerte Wedemark“(BLW e.V.) umfassende Maßnahmen zur Beweissicherung und Überprüfung möglicher Auswirkungen der Anlagen auf die Grundwasser- und Bodenqualität. Insbesondere die so genannten Ewigkeitschemikalien PFAS, die im Verdacht stehen krebserregend zu sein, sollen dabei nach Auffassung des BLW verstärkt in den Fokus genommen werden. „Wir fordern Region und Wasserbehörde auf, sich im aktuell laufenden Genehmigungsverfahren für ein Grundwasser-Monitoring und für eine Beweissicherung in Bezug auf PFAS und andere relevante Schadstoffe einzusetzen und zur Bedingung für eine Betriebsgenehmigung zu machen“, fordert BLW-Vorsitzender Christoph Chilla. Nur so könne das Verursacherprinzip greifen.

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Zunächst: Was haben PFAS mit Windkraft zu tun? PFAS (Perfluorierte und Polyfluorierte Alkylsubstanzen) sind eine Stoffgruppe von über 10.000 synthetischen Chemikalien, die aufgrund ihrer extremen Langlebigkeit auch als Ewigkeitschemikalien bezeichnet werden. Sie reichern sich über Jahrzehnte im Wasser, im Boden und in der Nahrungskette an und damit auch in den Körpern von Mensch und Tier. PFAS werden aufgrund ihrer fett-, wasser- und schmutzabweisenden Eigenschaften in zahlreichen industriellen Prozessen eingesetzt (Antihaft-Beschichtungen, Kältemittel, Outdoor-Materialien etc.) und gelten als unverzichtbar für die Herstellung von Windenergieanlagen, Solaranlagen und Wärmepumpen. PFAS werden in den Oberflächenbeschichtungen von Rotorblättern eingesetzt (Epoxidharze), aber auch in Kabelisolierungen, Schmierstoffen und Fetten, die sich in Windturbinenenteilen wiederfinden. Eine Windkraftanlage ist ständig Wind und Wetter ausgesetzt – Regen, Hagel, Schnee, UV-Strahlung und Wind setzen den Materialien zu und führen zu einem Abrieb, von dem in Höhen zwischen 200 und 300 Metern alle Anlagenteile betroffen sind, insbesondere die Oberflächen der Rotoren und des Maschinenhauses.

Am stärksten betroffen von Erosionsschäden sind die Außenkanten der Rotorblätter, weil diese mittlerweile mit über 300 km/h durch die Luft schneiden und damit einer extremen Dauerbelastung ausgesetzt sind. In solchen Höhen könnten selbst Wassertropfen wie Schmirgelpapier wirken, sagt der Anwalt und Experte für Abrieb Thomas Mock. Bei Windkraftanlagen neueren Typs mit Höhen bis zu 300 Metern und Rotorblättern mit bis zu 90 Metern Länge könne man vorsichtig geschätzt von einem betriebsbedingten Abrieb von 100 Kilogramm pro Anlage und Jahr ausgehen – eine Fraunhofer Studie aus dem Jahr 2020 geht von rund 45 Kilogramm Abrieb pro Anlage und Jahr aus, bezog sich allerdings auf Windkraftanlagen mit nur ca. 40 Meter langen Rotoren und nur ca. 150 Metern Anlagenhöhe. Auch wenn die genauen Abrieb-Mengen in Abhängigkeit von Anlagentyp und Standort variieren mögen: Sicher ist, dass eine große Windkraftanlage große Mengen von Mikropartikeln in seine Umgebung verteilt. Dieser toxische Mix, zu dem auch PFAS zählen, können sich über Höhenwinde kilometerweit verbreiten und – vor allem bei regenreichem Wetter – in der Nähe der Anlagen niedergehen und sich hier anreichern. Die Windenergieplanung macht bedauerlicherweise selbst vor bislang unbelasteten, weil siedlungsfernen (Schutz-) Gebieten wie im Fall Fuhrberger Feld nicht mehr halt, so dass auch dort mit einem schleichenden Schadstoffeintrag in Böden und Wasser zu rechnen sein dürfte. 

„Dieses Szenario mag ich mir für den Forst Rundshorn und das Fuhrberger Feld gar nicht ausmalen“, sagt Christoph Chilla. „Selbst bei der vorsichtigen Schätzung der Fraunhofer-Studie wären das bei 36 Anlagen rund 1,6 Tonnen Abrieb im Jahr, der sich weiträumig über das Wasserschutzgebiet verteilt. Hier steht das Trinkwasser für eine ganze Region auf dem Spiel!“

Eine aktuelle Untersuchung des Umweltverbandes BUND hat gezeigt, dass PFAS großflächig im Trinkwasser angekommen sind. Allein in Niedersachsen waren alle acht untersuchten Trinkwasserproben laut BUND Niedersachsen mit Ewigkeitschemikalien belastet. Ein Großteil des Trinkwassers wird dabei aus Grundwasserkörpern gewonnen – für den BLW eine hochbrisante Tatsache. Denn auch das Wasserschutzgebiet Fuhrberger Feld, bald Standort eines der größten On- Shore Windparks von enercity, versorgt nahezu alternativlos die gesamte Region Hannover, insgesamt ca. 770.000 Menschen, mit qualitativ hochwertigem Trinkwasser. Der hannoversche Strom- und Wasserversorger enercity, der zugleich Investor und zukünftiger Betreiber des hier geplanten Windparks ist, will im Fuhrberger Feld in unmittelbarer Nähe zu den geplanten 36 Anlagen für weitere 30 Jahre rund 48 Millionen Kubikmeter Grundwasser (inklusive Fassung Elze/Berkhof) jährlich entnehmen – das 2023 offiziell begonnene wasserrechtliche Genehmigungsverfahren für die Grundwasserentnahme befindet sich in der finalen Phase. „Hier sehen wir dringenden Handlungsbedarf und einen besonderen Vorsorgeauftrag bei der Regionsverwaltung, die sich mitten im Genehmigungsprozess für die beantragten 36 Windenergieanlagen befindet“, sagt Chilla. Die Einhaltung des Grundsatzes der Vorsorge (s. § 6 Abs. 1 Nr. 1 WHG: „Allgemeine Grundsätze der Gewässerbewirtschaftung“) müsse behördlich sichergestellt werden. Dies erst Recht vor dem Hintergrund, dass enercity zugleich Betreiber des geplanten Windparks und Betreiber der Brunnen im Fuhrberger Feld ist. „Hier sehen wir einen deutlichen Interessenskonflikt“, sagt Chilla.
„Wir fordern deshalb eine Beweissicherung der Wassergüte vor, während und nach dem Betrieb der Windenergieanlagen, um mögliche Veränderungen der Wasserqualität nachvollziehen zu können. Ein systematisches und unabhängiges Grundwasser-Monitoringprogramm ist einzurichten, um spätere Schadensnachweise und Haftungsfragen rechtssicher bewerten zu können. Auch die regelmäßige Beprobung des Bodens gehört in ein solches Monitoring -Programm.“

Insbesondere im Grundwasserabstrom der geplanten Standorte müsse der Zustand des Grundwasserkörpers von der zuständigen Fachbehörde vor Erteilung der Baugenehmigung untersucht und dokumentiert werden und als „Null-Zustand“ oder Ausgangszustand für eine Beweissicherung festgesetzt werden. Das hydrologische Prüfspektrum müsse um neuartige Schadstoffe aus dem Abrieb der Rotoren erweitert werden, insbesondere um die im Epoxidharz der Rotorblattoberflächen verwendeten Chemikalien, zu denen PFAS zählen, aber auch andere giftige Chemikalien wie BPA (Bisphenol-A), GFK (glasfaserverstärkter Kunststoff) und CFK (kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff). Die Schaffung zusätzlicher Messstellen und Kontrollbrunnen zur Beweissicherung während der Bau- und Betriebsphase der Windenergieanlagen müsse in Betracht gezogen werden. Gleiches gelte für die Bodenuntersuchungen.

Ein weiterer Punkt: Für die Anwendung des Verursacherprinzips soll nach Auffassung des BLW der Hersteller der Windkraftanlagen – in diesem Fall enercon – zur Offenlegung seiner verwendeten Komponenten im Epoxidharz verpflichtet werden. „Angesichts der Vielzahl von möglichen PFAS ist es wichtig zu wissen, nach genau welchen Stoffen im anlagenbezogenen Umfeld untersucht werden muss.“ 

Ein Nachweis des Verursachers wäre im Fall des Grundwassers allerdings eher eine Frage von Jahrzehnten als von Jahren und würde eine Verunreinigung mit PFAS auch nicht mehr rückgängig machen können. „Der Schaden wäre da, wäre immens und nicht heilbar“, sagt Chilla. „Wer das Vorsorgeprinzip und unsere Trinkwasserversorgung gerade auch für kommende Generationen wirklich ernst nimmt, kann den Bau der Windkraftanlagen im Wasserschutzgebiet Fuhrberger Feld unmöglich gutheißen!“

Für Rückfragen:
Christoph Chilla
01577 57 97 331

Hintergrundinfos:
Der geplante Windpark, bestehend aus voraussichtlich 36 Anlagen, davon 34 auf dem Gebiet der Gemeinde Wedemark, 2 auf dem Gebiet der Stadt Burgwedel, verteilt sich auf drei Projektgebiete, die alle im Wasserschutzgebiet Fuhrberger Feld in Zone III A liegen. Das Fuhrberger Feld ist mit rund 30.400 Hektar das größte zusammenhängende Wasserschutzgebiet Norddeutschlands, und enercity mit 75 Brunnen der größte Grundwassernutzer hier. 15 Windkraftanlagenstandorte sind im Wald (im nördlichen Forst Rundshorn) geplant, 21 Anlagenstandorte im Landschaftsschutzgebiet Fuhrberger Feld-Forst Rundshorn mit dem landschaftlich reizvollen Wietzenbruch und einem ebenfalls hohen Waldanteil.

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